Im heißen Wüstensand

Die Sonne stach unerbittlich vom wolkenlosen Himmel. Nichts als strahlender, weißer Sand umgab sie, so weit man nur sehen konnte. Die heiße Luft waberte am Horizont und gaukelte ihnen Städte und Oasen vor, die sich jedoch in Luft auflösten je näher sie den Trugbildern kamen.
Doch Kondo war wie immer bestens vorbereitet und blickte hin und wieder auf seinen Kompass, um sicher zu stellen, dass sie sich in diesem Niemandsland nicht verirrten. Sie hatten zwar ausreichend Wasser mitgenommen, aber das schien genauso schnell zu verdunsten, wie sie es tranken um ihren Durst zu stillen.

Reise5

Als sie endlich die Grenze zu Uldum erreichten, war die Sonne gerade untergegangen und die Hitze ließ langsam nach. Majestätisch erhob sich vor ihnen eine breite und endlos lange Treppe, die von gewaltigen Stauten gesäumt wurde. Diese Statuen hatten einen menschlichen Körper, aber Köpfe von Schakalen. Architektonisch erinnerte das Bauwerk etwas an Ahn’qiraj, ebenso wie die Silithiden die auch hier umherschwirrten.
„Wir müssen vorsichtig sein,“ Kondo hob die Hand, so dass auch Xoranya ihr Pferd zum Stillstand brachte. „Hier trieben einst Räuberbanden ihr Unwesen.“
Xoranya legte eine Hand griffbereit auf ihr Schwert, während sie aufmerksam die Schatten beobachtete, welche die Statuen warfen. Langsam ritten sie weiter und passierten einen weiteren Koloss: ein katzenhaftes Wesen mit einem humanoiden Oberkörper.
„Das sind Tol’vir!“, sagte Kondo zu Jordan, der nur mit offenem Mund auf dem Pferd saß und von Seite zu Seite starrte. „Die wirst du in Ramkahen kennen lernen.“
„Sind die gefährlich?“, fragte Jordan.
„Nicht diejenigen, die wir besuchen. Aber wir müssen trotzdem vorsichtig sein.“, mahnte Xoranya.

Je weiter sie kamen, desto mehr verfiel das Bauwerk zu einer Ruinenlandschaft. Die letzten Ausläufer dessen, was vielleicht mal ein Tempel gewesen war verliefen sich schließlich im Sand.
Sie mussten aber trotzdem nicht lange weiter reiten, bis sie das saftige Grün einer Oase erreichten. Zwei Flüsse formten ein Delta, das eine üppige Vegetation ermöglichte und an dessen Ufern die Stadt Ramkahen lag. Ein Staudamm hielt das lebensspendende Elixier zurück, um damit die umliegenden Felder und Plantagen zu bewässern.
Jordan war völlig aus dem Häuschen, als sie die unterirdische Kammer am Staudamm betraten. Dort konnte man die Unterwasserwelt hinter großen Glasscheiben beobachten. Jordan presste seine kleine Nase an die Scheibe und suchte nach dem Seeungeheuer, dass sich seiner Meinung nach in jedem See verbarg.
„Ach, menno! Ich habe meinen Freunden versprochen, dass ich ein Ungeheuer besiege und eine Trophäe mit nach Hause bringe.“, Jordan zog eine Schnute.
„Wir können ja stattdessen nach einem Schatz tauchen. Das wäre doch auch ein nettes Mitbringsel.“, meinte Kondo.
„Au ja!“ Und schon war Jordan ganz Feuer und Flamme und hüpfte vergnügt zurück an die Oberfläche.

Auch wenn sie Ramkahen schon von Weitem sahen, mussten sie einen erheblichen Umweg reiten bis sie schließlich die Stadt erreichten. Auf dem Markt herrschte geschäftiges Treiben und ein exotisches Stimmengewirr. Fremde Düfte lagen in der Luft und ließen richtige Urlaubsstimmung bei den erschöpften Reisenden aufkommen.
„Ach sieh mal, was für schöne Teppiche die hier haben.“ Xoranya blieb an einem Stand stehen und betrachtete die bunten Muster. „So einen möchte ich als Andenken haben.“
Kondo nickte. „Natürlich, mein Stern. Bevor wir zurück reisen kommen wir nochmal hierher. Jetzt brauchen wir aber eine Unterkunft.“
Die Einheimischen waren nicht gewohnt, Gästen ein Dach über dem Kopf anzubieten. Deswegen gab es hier auch keine Gasthäuser. Also mussten sie ihre erste Nacht unter freiem Himmel verbringen.
Xoranya lag noch lange wach und blickte in den Sternenhimmel, der hier viel klarer und besser sichtbar war als in Sturmwind oder anderen großen Städten.
Ramkahen versank schließlich in völliger Dunkelheit und Stille, so dass man nur noch die Grillen zirpen hörte und das Wasser plätschern.
Das war genau die Ruhe und Erholung, die sie sich verdient hatten.